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Importzölle Schweiz abgeschafft - Ein Vorbild für die Weltpolitik

Seit dem 1. Januar 2024 erhebt die Schweiz keine Importzölle mehr auf Industrieprodukte – ein Schritt, der im internationalen Vergleich bemerkenswert ist. 


Schweiz zog Bilanz, welche Aufwände geführt werden, um die Importzölle zu erheben und welche Einnahmen dadurch generiert werden. Gleichzeitig wurde betrachtet, in wie weit diese Gesetzesänderung die Schweizer Wirtschaft stärken wird.


Das Ergebnis - Die vorgeschlagene Gesetzesänderung wurde angenommen und die Anpassung per 1. Januar 2024 umgesetzt!


Die Schweiz agiert/e hierbei äusserst fortschrittlich.


Doch warum dieser Entscheid? Welche Argumente hatten die Befürworter? Welche Nachteile hat die Anpassung? Wie haben sich die erhofften Effekte bislang gezeigt und liegen evtl. schon Auswertungen vor?


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Keine Importzölle - Ein einzigartiger Schritt und kein Zufall


Importzölle Schweiz abgeschafft - Es war kein Schnellschuss-Entscheid. Bereits 2021 hatte das Parlament eine entsprechende Gesetzesänderung verabschiedet, nachdem die Verwaltung, insbesondere das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO), umfangreiche Studien zur Wirkung der Industriezölle durchgeführt und vorgelegt hatte.


Dabei zeigte sich: Die Einnahmen aus diesen Zöllen – rund CHF 500 bis 600 Millionen pro Jahr – standen in keinem vernünftigen Verhältnis zum Verwaltungsaufwand, der mit der Erhebung verbunden war. Insbesondere für die Zollbehörden und für importierende Unternehmen bedeuteten die Vorschriften rund um Ursprungsnachweise, Zolltarifnummern, Spezialregelungen und Prüfverfahren einen erheblichen Aufwand, der produktive Ressourcen band.


Zusätzlich zur administrativen Belastung gab es auch einen wirtschaftlichen Aspekt: Zölle auf Vorleistungen, Maschinen, Halbfabrikate oder Komponenten verteuern die Produktion im Inland. Das schwächt die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Industrie.


Die Abschaffung sollte daher eine doppelte Wirkung erzielen: Kosten senken und den Handel vereinfachen.


Die Vorteile


Befürworter der Gesetzesänderung sehen in ihr ein starkes Zeichen für die unternehmerische Freiheit und die Offenheit der Schweiz. Durch den Wegfall der Industriezölle wird der Marktzugang für Importeure einfacher.

Auch für Konsumentinnen und Konsumenten könnten sich je nach Branche Preisvorteile ergeben. Zwar sind nicht alle Einsparungen automatisch sichtbar oder garantiert, aber in Summe geht man von einem Gesamtnutzen von rund CHF 860 Millionen pro Jahr aus (wenn man direkte und indirekte Effekte zusammenrechnet).


Ein weiterer, oft übersehener Vorteil ist die vereinfachte Zolltarifstruktur. Die Zahl der Zolltarifnummern wurde reduziert, die Notwendigkeit von Ursprungsnachweisen bei Industrieimporten entfällt in vielen Fällen, und Unternehmen können sich auf weniger komplexe Importregeln einstellen. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ist das ein echter Effizienzgewinn.


Berechtigte Kritik – Was sagen die Gegner?


So klar die Vorteile scheinen, so berechtigt sind auch die Stimmen der Kritiker. Eine zentrale Sorge betrifft den Wegfall der Staatseinnahmen. Zwar sind CHF 500 bis 600 Millionen im Bundesbudget kein dominanter Posten, doch die Zölle sind zweckfreie Einnahmen – also ohne Gegenleistung. Ihr Wegfall reisst ein Loch, das nicht ohne Weiteres gefüllt wird.


Ein weiteres Argument: Es ist nicht garantiert, dass die Unternehmen die Zollersparnisse an die Endverbraucher weitergeben. Insbesondere in Branchen mit geringer Konkurrenz oder hohen Margen könnten die Preise trotz sinkender Importkosten stabil bleiben.

Auch der administrative Aufwand ist nicht vollständig verschwunden. Denn die Schweiz ist weiterhin Teil vieler Freihandelsabkommen – und bei Exporten oder bestimmten Mischimporten bleiben Ursprungsregeln und Zollformalitäten bestehen. Zudem profitieren nicht alle Branchen gleichermassen: Inländische Hersteller könnten durch günstigere Importware unter Druck geraten.


Importzölle Schweiz abgeschafft - mehr als ein Jahr später – Was zeigen die Daten?


Die ersten Monate unter der neuen Gesetzgebung sind mittlerweile vergangen, und erste Daten zur Wirkung der Zollabschaffung liegen vor. Diese geben einen vorsichtigen, aber aufschlussreichen Einblick in die tatsächliche Umsetzung und deren Effekte:


95 % aller Importe bereits zollfrei nach erstem Quartal 2024


Laut dem Swiss Trade Monitor, einer Publikation der Universität St. Gallen in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG), waren bereits im ersten Quartal 2024 rund 95 % aller Industrieimporte zollfrei. Und das, obwohl die Gesetzesänderung erst seit wenigen Wochen galt. Nur ein sehr kleiner Teil nutzte weiterhin Freihandelsabkommen oder wurde regulär verzollt.


Zolleinnahmen sinken wie erwartet


Im gleichen Zeitraum sanken die Zolleinnahmen um rund CHF 150 Millionen im Vergleich zum Vorjahresquartal. Damit bestätigt sich eine der zentralen Annahmen: Der Staat verzichtet auf Einnahmen – allerdings im Rahmen der Schätzungen und ohne grössere Abweichungen.


Wirtschaftlicher Nutzen schwerer messbar – aber plausibel


Ob sich der prognostizierte (geschätzter) Wohlstandseffekt von CHF 860 Millionen jährlich in der Realität einstellt, ist nach vergangener Zeit schwer zu beurteilen. Fest steht aber: Die administrativen Hürden sind deutlich gesunken, und viele Unternehmen berichten von einfacheren Importprozessen.



Was noch fehlt sind konkrete Daten zu bspw. der Preisveränderung auf Konsumentenebene, mögliche Verhaltensänderungen in den Beschaffungen oder wie es sich mit dem angenommenen Nutzen von CHF 860 Millionen verhält.


Auch die Frage, ob zusätzliche Steuer- oder Mehrwertsteuereinnahmen durch höhere Importmengen oder Wirtschaftswachstum entstehen, bleibt vorerst offen.


Ob eine umfassende Evaluation bspw. durch SECO oder das Bundesamt für Statistik durchgeführt wird, ist noch unklar. Wobei die direkten Einflüsse nur schwer gemessen werden können, was sicherlich eine grosse Herausforderung darstellt.


Fazit: Ein kalkulierter Schritt in die richtige Richtung


Die Abschaffung der Zölle auf Industrieprodukte war ein mutiger, aber wohlüberlegter Schritt. Die Schweiz zeigt damit, dass sie bereit ist, Verwaltung zu verschlanken, wirtschaftliche Effizienz zu fördern und überholte Instrumente zu hinterfragen – selbst dann, wenn es kurzfristige Einnahmeeinbussen bedeutet. Das ist bemerkenswert und sehr fortschrittlich gedacht.


Die ersten Ergebnisse stützen die Grundidee: Die Vereinfachung greift, die Zolleinnahmen sinken im erwarteten Rahmen, und die Zollfreiheit wird breit genutzt. Ob der gesamte wirtschaftliche Nutzen wie erhofft eintritt, wird sich allerdings erst mit der Zeit zeigen.



Quellen und weitergehende Informationen


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